Ein amerikanisches Problem und seine Auswirkungen

Was man von Brzezinski & Schumpeter lernen kann

Man hat ihn fast schon vergessen. Brzezinski war Sicherheitsberater unter Jimmy Carter, Schlüsselfigur bei den Camp David Verhandlungen, dessen Ergebnis  jedenfalls eine ganze Weile die Konflikte im Nahen Osten in Grenzen hielt.[1] Er prophezeite am Ende seines Lebens, dass die USA sich von ihrem Führungsanspruch verabschieden würde. Und dass obwohl der Führungsanspruch zum Zeitpunkt seiner Aussage noch unbestritten (und für die restliche Welt vordergründig eine bequeme Lösung) war. Nach Brzezinski, dann ein zu erwartendes „Desaster für Amerika und die restliche Welt“.

Seine Kritik basierte darauf, dass Geschichte sich nicht aufhalten lässt und der dauernden Veränderung unterliegt. Ein Führungsanspruch allein kann und konnte sich nicht dagegenstellen.

Er kritisierte die Hybris der amerikanischen Führung und vor allem das ihr fehlende Verständnis für die Änderungsdynamik in den politischen Konstellationen.

Er befürchtete, dass Amerika das Zusammenwirken von Russen, Chinesen oder dem Iran durch ungeschickte Politik befördern könnte.

Er glaubte, es sei nicht gut, wenn man seinen Kontrahenten die Möglichkeit gibt sich zu verbinden, um gemeinsame Opposition zu gestalten.[2]

Wann dieser Abstieg begann, kann man gar nicht genau beschreiben, aber gerade eben nimmt dieser Prozess „Fahrt“ auf. Und mit Trumps Politik des „Deal“ Machens[3], wird der Abstieg befördert. Gerade diese Politik unterstützt die Annäherung Russlands und Chinas. Sie verlagert das geopolitische Potential noch mehr nach Asien. Man könnte die Hoffnung hegen, dahinter stehe ein strategisches Konzept auf das man eine Antwort ausrichten könnte. Aber außer dem Wunsch zu gewinnen, sein eigenes (!) Vermögen zu mehren, keine „Verwundeten“ zurückzulassen, sind keine übergreifenden Strukturen beim Verhalten von Trump zu erkennen. Die Gruppe, die versucht ihn zu manipulieren mag ein Konzept haben. Er hat es nicht. Das belegt seine Geschichte: seine wirtschaftlichen Aktivitäten sind in den 70er und 80er am laufenden Band gescheitert und scheitern auch heute noch (noch im November 2024 gab es Marktbeobachter, die die 1,4 Mrd. $ Schulden Trumps als existentielle Bedrohung für ihn bezeichneten, die ihn fast zum Verkauf seiner Medienfirma zwangen; nur die Präsidentschaft rettet ihn. Seine Insidergeschäfte, die er selber durch präsidiale Maßnahmen wie die Zollankündigungen und -rücknahmen auf den Weg setzt sind bekannt und werden wohl nur auf Druck des Weißen Hauses und seiner Entourage nicht weiterverfolgt. Deals seiner Familie, die die Frage von Korruption aufwerfen (zuletzt auch das „Bitcoin“/Trump Coin  Dinner im Weißen Haus), sind dafür weitere Indizien.

Brzezinski hätte wahrscheinlich geraten die Angst der Russen vor den Rückforderungsüberlegungen, ehemals vom zaristischen Russland den Chinesen abgenommener Gebiete, durch die chinesischen Führung zu schüren und auf den Umstand hingewiesen, dass der Klimawandel Gebiete in der russischen Tundra bewohnbarer werden lassen könnte. Ein Umstand, den die chinesische Führung, die bevölkerungspolitisch unter Druck steht (man mag sich an die kruden Gedanken des „Raum im Osten“ erinnert fühlen), bei ihren expansionistischen Überlegungen sicher nicht ganz außeracht lassen wird.

Eine Auswirkung der amerikanischen Politik: es ist wieder en vogue geworden über territoriale Bereinigungen nachzudenken (sie zu fordern oder umzusetzen). Die Erfahrungen erfolgloser Kriege und Okkupationen – u.a. Vietnam, Afghanistan, Irak – die nicht realisierte Chance aus dem Zusammenbruch politischer Systeme etwas Gemeinsames wachsen zu lassen, ist vertan. Vielleicht war die Chance auch nie da. Fukuyamas These über das „Ende der Geschichte“ lässt sich nicht belegen.

Nicht immer geht es um territoriale Eroberung wie bei Putins „Rückholung des Tatarischen als Teil der russischen Seele“ oder wie bei Netanjahu der die Hamas „vernichten“ will und doch nur die Palästinenser aus dem Gaza Streifen entfernen möchte[4],  seine eigene Machtposition zu sichern versucht, (auch) um von der Erfolglosigkeit der eigenen Politik abzulenken.  Das sind die aktuell bekanntesten Strukturen dieser Art, die in der Presse kommuniziert werden. Vom Kaukasus, Berg-Karabach, den Versuchen in Moldavien, Tibet  u.a. Gegenden der Welt gar nicht zu reden.

Selbstverständlich gehören auch die kaum verdeckten Drohung Trump’s an seine Nachbarn, bisher nur Grönland, Kanada oder Panama, sie zu übernehmen, weil er paternalistisch wie er ist, als einziger den richtigen Weg kennt, dazu.

Ob die Menschen in Amerika, die den  Rechtsstaat oder die Demokratie für einen wichtigen lebenswerten Faktor halten die Gelüste der (noch) wichtigsten Führungskraft des Westens und ihrer Vertreter in den Griff bekommen und es wieder zu einer verlässlichen Politik kommt, ist nicht sicher; aber wie Brzezinski in seinen Schriften zu recht ausführte bleibt Geschichte nicht stehen oder – was schon die alten Griechen wußten, die sich gegen Darius III. durchsetzen mussten – :  Panta rhei , alles fließt.  Amerika ist eine große, aber bei weitem nicht die größte, Volkswirtschaft in der Welt. Analysiert man die Herkunft des Bruttosozialproduktes (29.000 Mrd. $), die Verschuldung (36.000 Mrd. $, die durch die letzten Steuergesetze noch erhöht werden wird und deren Auswirkung auf die Anleihenmärkte schon jetzt bemerkbar sind) und deren Finanzierung (größter Gläubiger ist Japan, nachdem China seine Anleihen erheblich zurückgefahren hat[5]) und den gerade (wohl) einsetzenden „Auszug der fähigen Köpfe“, so kann man berechtigterweise von einem Niedergang sprechen. Die erratische Verhaltensweise von Trump fördert das und eine, hinter Trump stehende gesamtstrategische Mannschaft mit einem zumindest für Amerika sinnvollen (!) Konzept – wie noch zu Zeiten Busch II zu identifizieren[6] – ist nicht erkennbar. D.h. dass sich die Führungslosigkeit in Unberechenbarkeit und Chaos wandelt.

Und was bedeutet diese Politik für den Standort Deutschland, für Europa?

Wenn sich die europäische und die deutsche Führung nicht anstecken lässt, dann bieten sich hier mehr Chancen als Risiken.

Wird der Dollar schwächer, verliert er vielleicht sogar seine Funktion als Leitwährung, dann könnte es mit der Finanzierung der amerikanischen Defizite über den Geldtransfer aus dem Ausland und dem Kauf amerikanischer Staatsanleihen eng werden, Zahlungsströme nach Europa oder in den asiatischen Raum wären und sind auch zum Teil schon die Folge.

Wenn Europa seine Widerspruchsgeister in den Griff bekommt, sich wieder auf die Lösung von Problemen der europäischen Menschen und nicht auf politisches Positionieren konzentriert, dann könnte das einen Führungsanspruch Europas noch einmal aufleben lassen. Lagarde ist zuzustimmen, wenn Sie die Europäer auffordert das in den Blick zu nehmen und über den Euro als alternative Leitwährung in der Welt nachzudenken.

Europa sollte sich auch seiner wirtschaftlichen Kraft bewußt sein. 450 Mill. Menschen[7], ein Bruttosozialprodukt von rd. 18.000 Mrd. Euro oder 20.000 Mrd. $, bei einem Schuldenstand von rd. 14.500 Mrd. € / 18.000 Mrd. $. einer der größten Wirtschaftsräume und noch gehört Deutschland, mit 84 Mill. Einwohnern und 4.700 Mrd. € BIP,  zu den führenden drei Wirtschaftsnationen in der Welt. Darauf kann man sich nicht ausruhen. Panta rhei. Aber wenn man dem freien (Erfinder-)Geist wieder mehr Raum lässt, die Knebelung durch unsinnige Egalisierung und Standardisierung und die Verpflichtung zur Weltverantwortung für alles und jeden beendet, dann wird auch die Produktivität wieder steigen, die Investitionsbereitschaft zunehmen und das Wirtschaftswachstum, das man benötigt eintreten.

Hier ist der Hinweis auf Schumpeter angebracht, der in der Vernichtung oder dem Konkurs, der Bankrotterklärung, einerseits eine Zerstörung und ein Ende feststellte, aber eben genauso die Möglichkeit eines Neuanfangs. Eine Idee, die nicht nur dem westlichen Kapitalismus eigen ist, gegen den Schumpeter eher skeptisch eingestellt war, sondern auch den Chinesen bekannt ist, die im chinesischen Zeichen der (wēijī ) Krise, die Gefahr und die Chancen, zusammenfassen.

Die Welt ist in Unordnung. Autokraten wie Putin, Orban, Netanjahu und nicht zuletzt Trump machen es schwer an eine positive Zukunft zu glauben. Aber man muss den Blick auf die naheliegenden, für den Einzelnen gestaltbaren Fragestellung richten. Sich durch Drohungen eines Medwedew über einen Atomkrieg nicht verunsichern lassen und andere bei deren Projekten – zum Beispiel den Aufbau der inneren und äußeren Sicherheit – unterstützen. Auch wenn der „Virus“ sich in der Vergangenheit schon in Europa breit macht.[8] Und amerikanische Unternehmen wie AirBnB, Uber oder Walmart europäische Regeln für unbeachtlich erklären.

Gemeinsam, respektvoll und auf Lösungen fokussiert, die wir mitgestalten können. Man sollte eigene Stärke sicherstellen, aber dabei nicht den Respekt für Andere verlieren.

Es gibt viel zu tun, packen wir es an.

[1] Über ihn hat Ed Luce aktuell eine Biographie herausgegeben.

[2] Ein Aspekt, der auch im unternehmerischen Bereich seine Entsprechung hat.

[3] Dem Hanseaten stellen sich bei solchen Ansätzen sämtlich Haare. The winner take it all ist eine Methode bei der es nur wenige Gewinner und viele Verlierer gibt, dessen Nebeneffekt eine gespaltene Gesellschaft sein wird oder ist.

[4] Was umso krasser klingt, wenn man bedenkt, dass durch die fehlerhafte britische Politik der späten 40er gerade dieses Land den Palästinensern entzogen wurde, sie – nach anfänglich durchaus versöhnlichen Entwicklungen – zu Israelis II. Klasse wurden und das alles, obwohl die, denen man den Zugang bzw. deren Vorfahren im Großen und Ganzen eröffnete nie in diesem Landstrich beheimatet waren. Vgl. Shlomo Sand, Die Erfindung des jüdischen Volkes

[5] Aktuell immerhin rund 6.700 Mrd. Euro, knapp 20% des gesamten Defizits liegen in China,Japan und Europa

[6] Das ändert nichts daran, dass der II. Irakkrieg das Problem im Nahen Osten geradezu geschürt hat und falsch war, aber damals gab es jedenfalls eine verlässliche Position egal wie man dazu stand.

[7]  Nur EU-27

[8]  Auch Johnson hat auf die Frage, das er doch an europäische Verträge gebunden sei, sinngemäß geantwortet : Verträge kann, aber muss man nicht einhalten.

Keine Generationenfrage, sondern ein Gesellschaftszustand

1. Generation X,Y, & Z

Aktuell und anzunehmenderweise auch für die nächsten Jahre, wird die Beschaffung geeigneter Mitarbeiter die kardinale Frage im Bereich Personal darstellen[1]. Dabei ist der, in letzter Zeit häufig zu hörenden, Ansatz einer mehr freizeitorientierten Generation Z (oder deren Vorläufer, X&Y) eher weniger geeignete eine Lösung für das Problem und den Umgang mit jüngeren, mittelalten Mitarbeitern zu liefern.

Das Thema der „Jugend“ oder der „Jungen“, als vermeintlich oder real weniger leistungsfähigem Teil der Bevölkerung ist keine Erfindung der Neuzeit. Dem Thema geht die Welt zumindest seit den Zeiten der Sumerer[2] nach. So kann man denn auch Sokrates und Platon zitieren, die meinten,

„Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer“ (Sokrates, 470-399 v.Chr.)

„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer. (Sokrates, 470-399 v.Chr.)

„[…] die Schüler achten Lehrer und Erzieher gering. Überhaupt, die Jüngeren stellen sich den Älteren gleich und treten gegen sie auf, in Wort und Tat“ (Platon, 427-347 v. Chr.)[3]

 

..(auf die Frage an einen Vater, warum er seiner Tochter nicht den gewünschten Porsche kauft) ..meine Tochter möchte da anfangen wo ich aufgehört habe, ohne die Vorleistung zu erbringen (Zitat eines Mandanten in den 80ern, GHP).

Offensichtlich reicht also die Tatsache einer gewissen Renitenz, einer Art von Respektlosigkeit oder eine Neigung zu einer – neudeutsch formuliert – work-life balance[4] nicht aus, um den Kandidaten den Stempel „leistungsunwillig“ oder „freizeitorientiert“ aufzudrücken. Wenn diese Ansicht in der Welt schon seit tausenden Jahren existiert und die Beurteilung sich fortschreibt, muss es ein Umstand sein, mit dem man gelernt hat umzugehen. Und das muß eben auch die heutige Gesellschaft.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Diskussion der Arbeitszeitverkürzung. Die kennen wir im besonderen Maße seit den 80er und nun wieder verstärkt in bestimmten Bereichen[5], aber eben auch allgemein in der Großindustrie, dem Mittelstand bis zu kleineren Handwerksbetrieben[6].

Offensichtlich ist die 60 Stundenwoche[7] nicht mehr im Fokus der arbeitenden Bevölkerung (und eben nicht nur der sogenannten Generationen X, Y & Z). Wenn es aber ein allgemeiner Zeitgeist ist, kann das die Suche nach einer Lösung für das Problem der Beschaffung der richtigen Mitarbeiter signifikant beeinflussen. Dann ist der Focus mehr auf die ermittelten Ursachen in der Breite der arbeitenden Bevölkerung zu legen und nicht auf die trendigen Fragen nach der Ausrichtung der Generationen X, Y, & Z.

Identifizierbar ist vielleicht in erster Linie eine allgemeine Verringerung der Frustrationstoleranz und das im Besonderen bei eben diesen vermeintlich richtig identifizierten Generationen. Eine Lebenseinstellung wohl auch unterstützt durch den eigenen (Lebens-)Erfahrungshintergrund, der eher weniger existentielle Fragen aufwarf als bei der Generation der Babyboomer[8]. Aber eben nicht nur bei diesen Generationen, sondern auch bei Menschen, die in den 60ern geboren sind. Die Ursache hat vielfältige Gründe. Summerhill’s Antiautoritarismus, Helikopter Eltern und eine Tendenz zur Überfürsorglichkeit, die den Alltag der jüngeren Generationen seit den späten 60ern heimsuchte, dürften ihren Anteil daran haben.[9]

Gerade die geminderte Frustationstoleranz dürfte ein Ansatzpunkt sein, den es lohnt weiterzuverfolgen.  Aus ihr ergibt sich wahrscheinlich auch die besondere Wechselbereitschaft vieler Leistungsträger. Im Umkehrschluss sollte es also bei der Recrutierung und Führung darauf ankommen die Leistungsanforderungen so zu tarieren, dass eine schrittweise Adaption möglich ist und in der Akquisition einen Ductus zu finden, der diesen Aspekt auch vermittelt.[10]

Inwieweit die allgemein diskutierten Aspekte der Generationen/Kohorten X, Y, & Z prägenden Einfluss auf eine Beurteilung haben oder nicht vielmehr implizit auch Ausdruck einer gesellschaftlichen (Gesamt-)Einstellung widerspiegelt[11], muß man sich fragen.

Daran wären vielleicht auch einzelne Maßnahmen im Rahmen der Mitarbeiterakquisition  anzuknüpfen.

Trotzdem muss man die Analyse der Generationen nicht außer Acht lassen.   Als ein Beispiel für eine verbreitete Sicht auf die Generationeneinteilung:

Statt Vieler Boris Kasper:

.. Generation Y. Sie wurde stark emanzipiert, sehr fürsorglich und extrem wertschätzend erzogen. Sozusagen in die Wiege gelegt wurde ihr die ständige Einladung zur Mitbestimmung und Teilhabe: An ihrer Erziehung, in den aufkommenden sozialen Medien – und auch durch gesellschaftliche Megatrends wie soziale und Gender-Gleichstellung, globale Vernetzung und die Digitalisierung. Weil sie als erste Generation von Anfang an in einer digitalisierten Welt aufgewachsen ist, wird die Generation der Ypsiloner auch Digital Natives genannt. Genau diese positive (Aufbruch-)Stimmung der Industrie- und Erlebniswelt 4.0 mit ihren unzähligen Partizipationsmöglichkeiten und der Verheißung, alles sein nun möglich, hat diese Generation zu besonderen Optimisten gemacht. Sie möchte ihre Welt spielerisch und möglichst frei mitgestalten.

Die … Generation Z. Auch sie wurde mit großer Wertschätzung erzogen, allerdings hat sich die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu einer Überfürsorglichkeit gesteigert – Stichwort Helikopter-Eltern. Während sie daheim also allzu gut behütet aufwuchsen, prägten sie von außen gleichzeitig die Bedrohungen von Klimawandel und Terror sowie auch sich wieder verhärtende und ausgrenzende politische und gesellschaftliche Agitation. Statt der glorreichen digitalen Auf- und Umbruchstimmung erlebten sie bereits die ersten Schattenseiten der Digitalisierung, auf den sie mit bewusstem Teilverzicht und einer teilweisen Rückbesinnung auf traditionelle Medien reagieren. Die Gen Z – sie hat erkannt, dass die versprochene digitale sowie auch die gesellschaftliche Teilhabe oftmals nur Illusion geblieben sind. Das hat sie zu äußerst kritische Realisten gemacht. Ihre scharfe Weltsicht gemischt mit der überfürsorglichen Erziehungsprägung führt zu ihrem starken Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität.

  1. Anspruch an Arbeitswelt: Work-Life-Blending versus Work-Life-Separating Die Erwartung an gelebte Freizeit unterscheidet Generation Y und Gen Z wesentlich

 Der Generation Y sind statt Statussymbolen und Gehalt eine intensiv gelebte Freizeit und die Option, diese flexible einzuteilen, wichtig. Darum wünscht sie sich ebenso flexible Arbeitsmodelle. Sie strebt nach Selbstverwirklichung und will sich im Job persönlich einbringen. Die Generation Y erwartet von ihrem Arbeitsplatz, dass sie dort berufliche und private Interessen sowie eigenen Werte leben kann: Sie will ihr Leben nicht von der Arbeit trennen – sondern in Work-Life-Blending, dem Vermischen von persönlicher Frei- und beruflicher Arbeitszeit, in einander übergehen lassen. Darum ist ihr Arbeit wichtig, die Sinn hat und so ihrem Sein Sinn gibt. Die visionäre Sinnsuche und der Ehrgeiz, selbstbestimmt die besten Lösungen zu entwickeln, ist charakteristisch für die Genration Y.

Auch der Generation Z ist ihre lebenswerte Freizeit äußerst wichtig. Doch anders als die Generation Y möchte sie Freizeit nicht mal hier, mal dann zwischen der Arbeit erleben, sondern möglichst weit und klar von der Arbeitszeit abgrenzen: Die Gen Z möchte nicht flexibel arbeiten, sondern im Gegenteil zeitlich sowie inhaltlich strukturiert. Aus Work-Life-Blending macht sie ein striktes Work-Life-Separating. Von ihrem Arbeitsplatz erwarten sie darum eine klare Trennung von privatem Leben und Beruf sowie verbindliche Freizeit-Regelungen. Selbstverwirklichung sucht sie nicht im Arbeitsleben, dennoch soll auch für die Gen Z der Job zu ihren individuellen Fähigkeiten sowie Werten passen. Auch für sie spielt Sinnhaftigkeit eine große Rolle – nur möchte sie diesen Sinn im Job nicht zwingend selbst suchen, sondern nachvollziehbar erklärt bekommen.

  

  1. Leistung und Motivation: Teilhabe versus Zuteilung

Ein anderer Wille nach Teilhabe gehört zu den Unterschieden zwischen Generation Y und Gen Z

 Die Generation Y fordert von ihrer Arbeitswelt sowie von ihrer Führung in hohem Maße Teilhabe, also Mitbestimmung und -gestaltung: an Prozessen, Strategien und Zielen – und den dafür optimalen Lösungswegen. Sie lehnt feste Strukturen ab und will sich stattdessen in möglichst agilen Teams und in flexibler Projekt-Arbeit selbst organisieren. Dafür braucht sie eine hierarchielose Atmosphäre, den Expertenaustausch auf Augenhöhe und Leadership, das sie zum Bestmöglichen empowert. Die Generation Y wünscht sich Kollegialität und familiären Team-Spirit: Das und ihre persönliche Entwicklung sind ihr wichtiger als bloßer Karriere-Aufstieg.

Derartige Beschreibungen sind relativ und das muss man bei der Analyse berücksichtigen. Ob man seine persönliche Biographie danach orientiert Arbeit & Privates in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten oder Phasen intensivster Arbeit vor- oder nachgelagert zu privateren Zeiten gestaltet, Arbeit als Beruf und/oder Berufung betrachtet oder philantrophisch der Kunst, der Familie den hauptsächlichen Teil seiner Zeit widmen will, entscheidet die betreffende Person. Im Gegensatz zu den 70er (oder früher) ist der Ductus der Gesellschaft insgesamt auf eine offenere und primär auf Selbstentscheidung basierende Gestaltung hin orientiert und damit im Ergebnis vielfältiger. Aber nicht anders. Die Selektion der Typologien von Mitarbeitern und das Auffinden ist schwieriger und in einer Übergangsphase durch die Anzahl der Nachfrager beschränkt. Gerade in diesem Zusammenhang sind Hilfsmittel zur Analyse, Förderung und Führung von Mitarbeiter (auch eine KI) ein überlegenswerter Lösungsansatz. Die Vielfalt der Lebensentwürfe (die hatten wir früher auch, spätestens nach Einstellung und als passive Leitlinie) sind nicht das Problem, sondern die Lösung[12].

Jedes Unternehmen muss seinen Bedarf finden, identifizieren und darauf ausgerichtet für den Markt ein Konzept der Selbstdarstellung entwickeln. Das kann und darf nicht nur auf die Generationenkategorisierung ausgerichtet sein, sondern sollte auch andere gesellschaftliche Gruppen – z.B. die „Früh“Rentner, silver liner – mit einbeziehen und motivieren. Und das sollte man nicht als schon bekannte Platitude betrachten sondern als Auftrag an die Unternehmen detaillierte Maßnahmen zu erarbeiten, um die richtigen Zielgruppen anzusprechen und zu motivieren. Und man sollte sich nicht auf das vermeintlich offensichtliche der Generationsfrage beschränken, sondern den gesellschaftlichen Zustand in Bezug auf die Frage von Arbeit, Leistung und Beruf(ung) beachten.

[1] Das ist bereits seit Längerem so, wird sich aber noch verschärfen.

[2] Dieser historische Ausflug sei hier erlaubt.

[3] Wenn es interessiert u.a. (mit weiteren Hinweisen auch auf Aristotels und eben die Sumer), https://bildungswissenschaftler.de/impressumurheberrecht/

[4] Etwas das wir alle wohl mehr oder minder schon einmal durchdacht haben, teilweise auch leben und das den Altvorderen auch nicht unbekannt gewesen sein dürfte und das sich in letzter Zeit wieder in die andere Richtung dreht

[5] Das gilt nicht nur für die Lokführer der GDL, sondern findet sich auch bei vielen anderen kleinen und großen mittelständischen Unternehmen. Wir haben in den 80er + 90er selber das Angebot eine anderen Arbeitsstruktur (z.B. 4 x 10 Stunden, ein Tag frei; ab den 90er auch zusätzlich ein oder zwei Tage Home Office) in unseren Unternehmen und mandatierten Unternehmen mit einigem Erfolg praktiziert.

[6] Unlängst reüssierte ein Fensterbauer mit 20 Mitarbeitern mit der 4 Tagewoche bei vollem Lohnausgleich.

[7] Dessen Minimierung war selbstverständlich nicht nur in den 50er ein legitimer Anspruch und die Tatsache, dass auch in der Generation Z genauso viele Burn Outs trotz oder wegen der Work-Life-Balance eben dieser Generationen gibt.

[8] Interessante Lektüre zu diesem Thema: Bude, Abschied von den Boomern

[9] Im Grunde ist die Ursache nur zweitrangig, kann aber helfen die Methoden zu entwickeln die Mitarbeiter an diesem Punkt abzuholen.

[10] Ebenso wie bei vorangehenden Generationen sind die Kriterien der Berufswahl variant. Pekuniäre Interessen finden sich dort ebenso wie die Ansicht, dass ein Beruf auch Berufung sein kann, es kommt als darauf an zielgruppenkonforme Darstellungen zu finden.

[11] Meiner Meinung nach hat sich das Rekurrieren „auf ein bestehendes oder behauptetes Recht auf Teilhabe und Versorgung“ in den letzten Jahrzehnten nachhaltig vermehrt. Ein Ausdruck von Menschen, die Verantwortung eher abgeben wollen, als wahrnehmen.

[12] Vielleicht ein wenig weit hergeholt: aber ein ähnliches Thema hatten wir in der sich entwickelnden Automatisierung und daran anschließend der „Fertigung auf Bestellung“ und deren Einspeisung in die Produktion.

WEIHNACHTSGEDANKEN

Jahresende & ein paar Themen

In Europa sind sie zumeist christlich geprägt, aber sie dürften in allen Kulturen, die auf einer kalendarischen Basis leben, vorhanden sein. Man muss nicht erst den Konflikt zwischen Okzident und Orient bemühen (E.Said, Orientalismus 1978 ) oder den Kampf der Kulturen (S.Huntington, Clash of Civilization), um die Themen zu identifizieren, die die Welt gefährlich umtreiben.

Ob philosophisch, religiös oder nur gesellschaftspolitisch geprägt: das Ende eines Jahres ruft förmlich nach einer Nabelschau. In unseren Breiten, dem gesamtem Westen, häufiger auf das familiäre Weihnachtsfest und die individuelle Situation hin orientiert anderswo, so auch  in China, auf das Neujahrsfest im Januar.

Hierzulande werden zu Weihnachten Besuche und Heimfahrten zur Familie geplant und organisiert, Zwistigkeiten der Menschen zueinander verlieren – für eine kurze Zeit – ihre Wichtigkeit, verschwinden unter dem Mantel eines Wunsches nach Gemeinsamkeit. Nicht immer mit einer langen Haltbarkeit ausgestattet.

Gespeist wird dieser Wunsch nach Friedlichkeit aus einem alten, dem Menschen an sich, innewohnenden Gefühl nach Liebe und Nähe. Von der ist in den Tagen des zu Ende gehenden Jahres oft die Rede. Schon Platon bezog seine Figur der Monade, landläufiger des Kugelmenschen (dem Wunsch des Menschen wieder mit seinem anderen Part zusammen kommen zu wollen) auf das Gefühl der Gemeinsamkeit, Nähe und der Liebe. Und wer diese Seelenverwandtschaft erleben durfte oder erlebt, weiß das es sich hier um eine Spielart zwischenmenschlicher Beziehung handelt, die man gemeinhin Liebe nennen kann.

Platonisch, rein freundschaftlich, mit oder ohne erotische Elemente. Manchmal manipulativ, taktisch und strategisch.  Die Chinesen (eigentlich ein Chinese aus der Tang-Zeit, ob Xi Jinping   das ebenso bestätigen wollte, sei dahingestellt) formulierten das einmal so:

                      Frage andere nicht, ob sie dich lieben wollen.  Liebe sie                                                              unmittelbar  und verdiene Ihr tiefstes Gefühl.

Fast möchte man das dem einen oder anderen Autokraten entgegenrufen. Bei den Meisten wäre es vergeblich. Zeitgenossen wie Trump, Erdogan oder Orban würden darüber lächeln. Söder würde überlegen, ob ihm das Lächeln politisch schaden könnte, und es erst dann „anwenden“.

Aber dieser ernüchternde Blick sollte einen selber nicht davon abhalten das Leben als einen positiven, gestaltbaren Weg zu sehen.

Die Realität ist erschütternd. Mit Machtmenschen und Narzissten kann man nicht verhandeln. Auf den Anderen zuzugehen wird dort als Schwäche wahrgenommen. Trotzdem sollte man nicht verzeifeln, den Menschen  weiterhin im Vordergrund sehen. In seiner Widersprüchlichkeit, auch in seiner Verweigerung andere zu sehen und zu beachten. Ob es dann für gute Beziehungen, Freundschaft oder mehr reicht, muss sich ergeben. Muss man behaarlich verfolgen.

Und wenn das nichts bringt, muss man sich schützen. Auch mit geeigneten Mitteln. Die Sentenz der Römer, „si vis pacem para bellum“, gilt auch nach über 2000 Jahren, da hilft das Mahnen der Friedensbewegung nicht und ohne diese Vorbereitung würde die Ukraine wohl das Schicksal der Krim bereits teilen.

Anfangen muss man bei sich selber. Sich wahrnehmen und schätzen.  In der Psychologie kennt man das auch unter dem Begriff der Introspektion, im gesellschaftlichen Kontext sollte, dem noch der Aspekt der Bescheidenheit folgen. Kein Zug der Zeit. Jedenfalls drängt sich dem Betrachter dieses negative Bild häufiger auf als es einem lieb ist. Und in satten Gesellschaften findet sich häufig genug auch der Spruch „Bescheidenheit ist Dummheit“.

Satte Gesellschaften neigen zur Selbstüberschätzung. Senecas Anleitung zum Verzicht und der Affektkontrolle  täte manch einem gut, würde vielleicht zur Erkenntnis führen, dass Weniger Mehr sein kann.

So muss man als Gesellschaft fast – ironisch gemeint – auf Krisen warten, um Änderung zu provozieren.

Und von denen haben wir nun in der Tag genug.

Spekulative Blasen – ob die aktuelle Immobilienblase platzt ist noch abzuwarten, aber die steigenden Finanzierungszinsen werden sich wohl noch bemerkbar machen –  Corona, Lieferengpässe und existentielle Energiefragen, wildgewordene Autokraten wie Putin, der zehntausende seiner Mitbürger in den Tod schickt und an Mao Tse Tungs Menschenverachtung im Koreakrieg erinnert (auch wenn dort hunderttausender Chinesen ihr Leben ließen ) oder Erdogan, der sicht gerade wieder mit seinen direkten Nachbarn anlegt. Der auch nicht davor zurückschreckt nun Athen  als Stadt zu bedrohen. NATO Partner hin oder her. Vor einigen Monaten beschränkte er sich darauf nur militärische Muskelspiele vor Zypern zu avisieren. Nicht zu vergessen die (vordergründig) religiösen Regime im Iran, Syrien oder Afghanistan, die den Exodus ihrer Jugend verursacht, der zum Migrationsdruck in den europäischen Staaten führt. Und all das überlagert von extremen klimatischen Veränderungen, die die Welt an die Grenzen der Innovationskraft (nicht des Wachstums, das hatten wir im Anwurf bereits in den 70er – und haben auch einiges erreicht) treiben dürfte.

Sattheit, Reizüberfluten, Druck durch eine Vielzahl von Umständen, die der Einzelne oftmals (zumindest scheinbar) nicht beeinflussen kann.

Und trotzdem: es gibt keinen Grund gleich zu Verzweifeln. Die Welt, unsere Gesellschaft und ziemlich viele in den Gesellschaften der Welt (der gnzen Welt !) hatten, haben und werden die Vielzahl der Probleme angehen und lösen. Im Kleinen und Schritt für Schritt an der Bewältigung arbeiten.

Was jeder für sich beachten kann und sollte, ist die Beschränkung auf das wirklich Notwendige. Das Hinterfragen, ob man dieses oder gerade dieses und dann noch sofort benötigt. Just in Time? Warum? So viel? Wenn man dem Vertreter einer christlichen Religion – Karl Rahner – glauben darf, ist die Politik der Zerrspiegel der Individualinteressen und damit dann doch auch durch jeden einzelnen von uns beeinflussbar.

Die Logik des Misslingens liegt (auch) in der fehlenden Distanz zu sich selber und der Überhöhung der eigenen Interessen. Vielleicht der Punkt in dem sozialen Engagement eben auch mit Liebe zum Menschen zu tun hat.  Und hier schließt sich der Kreis: Respekt und positive Selbstwahrnehmung sollte zu einer respektvollen und positiven Wahrnehmung der Anderen führen. Ob man die Welt stoizistisch, konfuzianistisch oder im Sinne der abrahamitischen Religion betrachtet, als Buddhist oder Hinduist oder dem Sufismus folgt. Eine gemeinschaftliche Lösung der Fragen, die uns und die ganze Welt betreffen, kann nur gemeinsam erfolgen. Dabei darf man den Menschen auch in seiner Ambivalenz sehen. Als Kennedy seine bekannte Aussage

                                 Frage nicht was dein Land für dich leisten kann,                                                     sondern was du für dein Land leisten kannst

(Rede bei seinem Amtsantritt 1961) aussprach, stand er in Washington auf den Stufen des Capitols, sprach zu den Amerikanern und der Welt (erstmals per Fernsehkameras übertragen) und hatte das Schweinbuchtdebakel (das er verursachte) und die Kubakrise (die er erfolgreich löste) noch vor sich. Dass machte seine richtige Aussage nicht besser und nicht schlechter. Und ob sie nun ursprünglich von Sorrensen seinem Redenschreiber stammt oder seinem alten College-Direktor, zeigt nur dass er nicht der einzige ist, der sie wahrnahm. Es bleibt eine Herausforderung für jeden von uns.

Packen wir es an.

ein geruhsahmes Fest und einen guten Rutsch nach 2023.